Redaktionelles Gespräch mit dem Vorsitzenden der AfD Fraktion Werder (Havel) zum Baumblütenfest 2023 am 07.05.2023
Red. Hallo Herr Deter, wie haben Sie das Baumblütenfest (BBF) 2023 erlebt.
Marlon: Nun. Zunächst hatte ich das Baumblütenfest am ersten Wochenende leider nicht selbst erlebt, da ich beim Landesparteitag war und in den Landesvorstand der AfD Brandenburg gewählt wurde. Ich war allerding gut informiert durch meine Familie, denn meine Tochter hatte als Mitglied der Jugendfeuerwehr in Werder am Umzug teilgenommen. Dann musste ich am Montag zur Operation ins Krankenhaus und kam am Mittwoch wieder nach Hause. Im Krankenhaus las ich bereits die teilweise heftigen Kritiken. Daraufhin habe ich sofort mit meiner Fraktion gesprochen und am 27.04.23 die Bürgermeisterin angeschrieben. Die AfD Fraktion Werder (Havel) forderte darin eine zeitnahe Sitzung der Fraktionsvorsitzenden mit allen Verantwortlichen, um das BBF auszuwerten und aufzuarbeiten.
Red. Hattest du dann überhaupt noch die Möglichkeit, selbst das BBF zu erleben?
Marlon: Ich bin am Sonntag mittags bis zur Insel und zurück und am Nachmittag der Einladung der HGW auf die Bismarckhöhe gefolgt. Ich hatte aber auch schon im Vorfeld meine Kollegen und Freunde gebeten, mit offenen Augen über das Fest zu gehen und mir ihre Meinung zu sagen. Auf der Bismarckhöhe traf ich allerdings Werderaner, die mir schon klare Kritik äußerten. Bis hin zu dem ominösen Zeitungsartikel der MAZ, wo ich gehört habe, dass in dem Artikel wohl nicht alles richtig wiedergegeben worden ist.
Red. Welche Kritik gab es denn und was wurde dir erzählt?
Marlon: Ach weißt du, ich möchte das hier gar nicht alles ausführen. Die Emotionen waren sehr hoch. Auch im Internet wurde viel geschrieben. Ich habe dafür auch volles Verständnis. Unser Baumblütenfest ist bei den Werderanern tief verankert. Ich denke auch, dass kann ich hier gar nicht so rüberbringen. Es ist eben ein wichtiger Teil unserer Tradition, aber eben auch unserer Identität. Ich und meine Kollegen haben doch nicht umsonst 2019 so sehr für den Erhalt gekämpft. Zumal ich nie verstanden habe, warum unser Fest so dermaßen schlecht geredet worden ist und es nur noch als Problem dargestellt wurde.
Red. Wie war denn das nochmal? Ihr habt doch gegen die VeranstaltungsGmbH gestimmt, obwohl ihr doch das Fest wolltet.
Marlon: Ja. Na klar. Ich selbst, der hier von Geburt an lebt, stehe nach wie vor zu unserem Baumblütenfest. Wir hatten aber klare Bedenken. Und die sind nun ja auch leider eingetreten. Was die VGmbH angeht, hat die AfD Fraktion immer betont: 1. Es geht ums Geld. Wir hatten immer gesagt, dass wir befürchten, dass es am Ende immer mit einem Defizit einhergeht und die Kosten dürfen nicht aus dem Ruder laufen. 2. War immer die Frage, wie wird dieses Fest ausgestaltet. Und man begibt sich natürlich sofort in Gefahr, wenn man nicht mehr voll hinter dem Fest steht. Du kannst als Bürgermeister nicht jedem gefallen bei solch einem Fest. Bürgerbeteiligung ist eine tolle Sache.
Wir als AfD stehen total dafür. Das Problem ist nur, wie kommt das Konzept dann zustande. Hast du nachher wirklich die Mehrheit der bürgerlichen Meinung abgebildet. Oder machen sich bestimmte Kräfte besonders stark und wollen die Insel raushalten, keine laute Musik, nicht so viel Gäste, nicht so viel Dreck oder sogar die Jugend fernhalten von dem Fest? Und dann hast du folgendes Problem. Du kannst es dann allen nicht mehr richtig rechtmachen. Für den Wirtschaftsplan der VGmbH hatten wir deshalb auch zugestimmt, denn nun war die VGmbH ja nun mal da. Ich hatte den Wirtschaftsplan aber in den Gremien auch als Blackbox bezeichnet. Mein Eindruck war aber. Wir machen hier ein Baumblütenfest light und es soll nach Möglichkeit nicht so viel kosten. Und dann kommt so etwas dabei raus. Was es aber nun wirklich gekostet hat werden wir hoffentlich bald wissen.
Red. Aber es gab doch auch Kritik an den bisherigen Festen.
Marlon: Ja. Richtig, die gab es. Nur, auch wenn ich mich damit bei einigen unbeliebt mache. Ich habe mir immer die Frage gestellt, wer kritisiert hier was. Und Kritik von Bürgern, die hierhergezogen sind und dann festgestellt haben, oh hier gibt es ja so ein großes Fest, wo es dann ja erhebliche Beeinträchtigungen gibt. Denen sage ich natürlich, ja das ist unser Fest, seit über 140 Jahren und dazu stehe ich. Was natürlich nicht heißt, dass wir nicht auch genau schauen müssen, wo wie uns verbessern können. Das zu unserem Fest der eine oder andere zu sehr vom Alkoholkonsum Gebrauch macht. Das wird es immer geben und ist eine natürliche Begleiterscheinung von Volksfesten. Ich wohne ja selbst mittendrin und habe die verschiedensten Vorfälle erlebt und immer ertragen. Und noch einmal, wenn du beginnst ein Fest dieser Größe und Tradition, dass für viele Werderaner zu den wichtigsten Tagen im Jahr gehört, so infrage zu stellen, dann kommst du da nie wieder raus. Ich habe immer gesagt, jetzt bekommen wir folgende Situation: Den Befürwortern des bisherigen Festes ist es jetzt immer zu wenig. Machst du jetzt wieder mehr, werden sich die Kritiker wieder beschweren. Ich war immer stolz auf unser Baumblütenfest.
Red. Wie soll es denn jetzt weitergehen?
Marlon: Was wir jetzt brauchen, ist eine ehrliche und offene Aufarbeitung. Da darf es auch keine Tabus geben. Aktuell haben wir ja nicht einmal Zahlen auf dem Tisch. Wir brauchen also eine komplette finanzielle Abrechnung. Dann brauchen wir eine klare und ehrliche Fehleranalyse. Soll heißen, wo ist etwas schiefgelaufen und warum. Dann müssen wir klar benennen, wo das Konzept einfach unsinnig war.
Red. Entschuldige, dass ich dich unterbreche, aber was meinst du mit unsinnig.
Marlon: Na ich nenne mal Beispiele, wo ich meine, dass macht keinen Sinn: Als ich unterwegs war, war der ganze Bereich Unter den Linden leer, also ohne Stände. Das war für mich nicht schlüssig. Denn wenn wir Gäste haben, müssen die etwas essen. Zumal wir eigentlich wollen, dass die Gäste nicht gleich dem Obstwein erliegen. Das macht auch keinen Sinn, denn Stände bringen ja Einnahmen. Dann sprechen wir von einem Familienfest und haben keinen Rummel? Was ist das denn? Dann höre ich, die Jugendlichen wollten wir auf dem Fest eigentlich nicht haben? Das geht gar nicht. Ich meine, wir waren alle mal jung und wir sollten aufhören, die Jugend zu verteufeln. Und das meine ich wirklich ernst. Wo kommen wir denn hin, wenn wir bestimmte Bevölkerungsschichten ausschließen? Ich könnte weitermachen, mit Musikbühnen. Ein Volksfest ohne Musik, ohne Programm? Nur die Bismarckhöhe. Alle müssen auf den Berg? Ja und dann ist das, was ich immer wieder gesagt habe. Es gibt eine große Unbekannte und die ist das Wetter. Und wir haben aber wieder gesehen, wenn das Wetter passt, dann kommen Tausende nach Werder. Und da müssen wir uns ehrlich machen. Das kannst du nicht steuern. Die Massen sind dann einfach da und wollen essen, trinken, ja auch Alkohol und Unterhaltung. Da brauchst du entsprechendes Programm, Versorgung, Sanitär und natürlich muss die Sicherheit gewährleistet sein. Ich halte es für eine Illusion, wenn irgendjemand glaubt, er könnte die Gastzahlen steuern. Es glaubt doch wohl niemand, dass wir das Fest einfach runterfahren und dann werden die Leute das schon verstehen und nächstes Jahr werden dann nur so viel kommen, wie es uns gefällt? Das sind doch absurde Überlegungen.
Red. Ich hatte dich unterbrochen, du wolltest einen Ausblick geben.
Marlon: Ich möchte, dass wir uns, und damit meine ich alle Entscheidungsträger, ruhig und sachlich hinsetzen und überlegen, wie wir alle in Zukunft unser Fest feiern wollen und was wir unseren Gästen bieten wollen. Und da bin ich der Meinung, dass wir erkennen müssen, dass das in diesem Jahr zu wenig war. Wenn ich höre, dass Werderaner sagen, sie hätten sich für dieses Fest geschämt, dann sagt das alles aus. Um es auf den Punkt zu bringen, ich möchte wieder ein Baumblütenfest, wo sich die Werderaner und ihre Gäste wohlfühlen und eine schöne Zeit erleben. Aber, ich sage auch, da werden wir über Geld reden müssen.
Red. Kannst du das noch etwas präzisieren?
Marlon: Ja gerne. Von den Bürgern höre ich all zu oft, die Stadt verdient doch so viel mit dem Fest. Und das ist leider nicht so. Einnahmen werden beispielsweise durch Standmieten, Sponsoren oder kostenpflichtige Veranstaltungen generiert. Auf der Ausgabeseite hast du aber sämtliche Kosten für Sicherheit, Sanitär, Künstler, Personal, Technik, Strom usw. Da kommt unter dem Strich kein Plus raus und das muss auch klar sein, egal wie du dieses Fest gestaltest. Das wird immer Geld kosten. Natürlich dürfen wir nicht vergessen, wie wichtig dieses Fest für unser Image ist. Ich bin überzeugt, dass unser Fest eine Strahlkraft über die Grenzen unseres Bundeslandes hinaus hat und ganzjährig wirkt für Gastronomie und Tourismus und auch darüber hinaus. Und natürlich nimmt Werder damit dann auch Gewerbesteuer ein. Für mich hat sich klar gezeigt, die Werderaner lieben ihr Baumblütenfest und dieses Jahr war ihnen eindeutig zu wenig.
Red. Marlon, ich danke dir für das Gespräch
Marlon: Ich bedanke mich bei dir.